Es kommt die Zeit, da muss man gehen. Das trifft leider auch auch auf unsere behandelnden Ärzte zu, die wir über die Jahre zu schätzen gelernt hat. Denen man sich ganz besonders weit öffnen muss und die unsere tiefsten Ängste kennen. Ja, uns manchmal sogar besser kennen, als wir uns selbst. Sie werden beinahe schon zu Vertrauenspersonen, obwohl man sie nur ein paar Mal im Jahr sieht.

Jahrelang habe ich mich davor gefürchtet, dass mein Psychiater Dr. O sich in die Pension verabschiedet, denn ich befürchtete, dass ich dann von vorne beginnen beginnen muss und glaubte damit einen riesigen Rückschritt einzuläuten. Dem war aber gottseidank nicht so.

Wie findet man einen passenden Psychiater?

Eigentlich lassen meine Finanzen es nicht zu, dass ich mich in die Behandlung eines Privat-Arztes gebe, aber was muss, das muss, denn in der näheren Umgebung gibt es keinen Psychiater mit Kassenvertrag. Zumindest keinen Empfehlenswerten, der sich wirklich mit den Problemen seiner Patienten auseinandersetzt. Ich habe mich in Foren ausgetauscht, und Social Media zu rate gezogen, um mithilfe des Schwarmwissens einen geeigneten Arzt für mich zu finden. Leider vergeblich. Die meisten meinten, dass ich mich nach einen Wahl-Psychiater umsehen sollte, denn da gibt es einige, die empfehlenswert sind.

Viele haben mich auch gefragt, warum ich nicht zu dem Nachfolger meines ehemaligen Arztes gehe. Nunja, seine Praxis übernahm kein Psychiater, sondern ein Neurologe. Dr. O hatte das damals auch nicht verstanden, immerhin gab es weit und breit sonst keinen Psychiater mit Kassenvertrag. Dadurch konnte er mir nur zum Abschied noch viel Glück wünschen, dass ich einen passenden Arzt finde.

Das waren keine guten Aussichten für mich und mein Portemonnaie, deswegen brauchte ich gleich auf Anhieb den PERFEKTEN Psychiater. Ich wollte nicht durchprobieren, bis ich einen finde, der mich versteht, bzw. sich auch wirklich mit meinen Problemen auseinandersetzt. Immerhin kosten Erstgespräche um die 200€.

Weiters war mir auch wichtig, dass er nicht nur sehr viel Einfühlungsvermögen besitzt, sondern auch, dass er kein reiner Theoretiker ist. Jemand, der selbst Therapien durchführt und ein bisschen interdisziplinär arbeitet. Am besten noch dazu ein Arzt, der noch relativ jung ist, damit ich in 10 Jahren nicht wieder einen neuen suchen muss.

Nach wochen-, nein, monatelanger und leider auch vergeblicher Suche, wandte ich mich an einen alten Schulfreund, der nun selbst Psychiater ist. Ich schilderte ihm mein Problem und ob er nicht vielleicht einen Psychiater kennt, der diese Kriterien erfüllt und siehe da! Er gab mir die Kontaktdaten von Dr. L.

Mein erster Termin bei Dr. L

Ich rief gleich am nächsten Tag bei ihm an, aber das Problem war, dass er ziemlich gut besucht war. Das hieß auf meinen Ersttermin musste ich bis Anfang 2020 warten. Das war ein oder zwei Wochen bevor Corona, über uns hereinbrach und wir in den Lockdown mussten.

Mein erster Termin bei meinem neuen Wahl-Psychiater Dr. L verlief alles andere als erwartet. Ich rechnete damit, dass er mir wieder Citalopram verschrieb und mir (wie jeder Arzt davor auch schon) eine Psychotherapie anriet. Okay, beides hatte er dann auch getan, aber nicht so wie ich dachte:

Er hat mir die Augen geöffnet, dass der wahre Grund dafür ist, dass die vorangegangenen Therapien bis jetzt nicht ansprachen, dass mein Trauma und nicht die Phobie therapiert werden muss.

Die Emetophobie ist eigentlich nur eine Begleiterscheinung (Komorbidität) des Traumas, und woran Sie wirklich leiden ist eine posttraumatische Belastungsstörung.

Dr. L

Das hat meine Weltanschauung in seinen Grundfesten erschüttert. Ich und eine posttraumatische Belastungsstörung? Ich meine, ich wusste da gab es ein Ereignis, an das ich und meine Cousine uns nicht erinnern können und seitdem haben wir beide die gleiche Phobie. Also muss dem ganzen ein Trauma zu Grunde liegen, es geht gar nicht anders. Später sollte ich durch Brainspotting noch herausfinden, dass viele kleine Traumata, die PTBS noch zusätzlich manifestierten.

Neue Hoffnung durch neue Therapieansätze

Also alles in Allem war der erste Besuch bei meinem neuen Arzt ein riesen Erfolg, der mich auch ein wenig umdenken lies. Es aus dem Mund meines Arztes zu hören, dass ich ein Trauma habe, lies es mich erst wirklich begreifen. Ich wusste, dass es der Auslöser meiner Phobie ist. Aber bis jetzt dachte ich nicht daran, die Ursache und nicht das Symptom zu behandeln. Eigentlich vollkommen irrsinnig und unlogisch die Phobie zu therapieren. Aber ich war so in meinem Hamsterrad drinnen, dass ich gar nicht erst begriff, dass es den Ausweg namens Traumatherapie gab.

Voll neuer Hoffnung verlies ich das Erstgespräch, nicht nur mit Kontaktdaten meiner zukünftigen Traumatherapeutin, sondern auch mit dem Gefühl endlich auf dem richtigen Weg zu sein.