Was ist Brainspotting? Hier geht es darum, die wirren Gedanken- und Gefühlsfetzen im Hirn miteinander zu verbinden und eventuell verborgene Erinnerungen wieder an die Oberfläche zu holen.

Ablauf einer Sitzung

Beim Ablauf des Brainspotting wird sich an ein traumatisierendes Ereignis erinnert und der Patient fokussiert sich auf die Körperwahrnehmung.

Zu Beginn musste ich mir Kopfhörer mit leiser Entspannungsmusik aufsetzen. Mag. O saß ca. 2m vor mir und hatte einen Stock mit einer roten Spitze in der Hand. Dann musste ich ein Ereignis auswählen, welches mich zur Zeit am meisten beschäftigt. Damals war es mein Sohn, der sich ein paar Wochen zuvor übergeben hat.

Sie bat mich, mich in die Situation reinzuversetzen, als würde ich sie gerade erleben. Ich musste beschreiben, wie ich mich fühle und welches Gefühl (Angst) am stärksten war. Ich musste beschreiben, wo die Angst in meinem Körper saß, welche Farbe, Größe, Temperatur, Gewicht und Form sie hat. Bei mir war es damals Hals, Schultern, oberer Brustkorb, rot, groß, heiß, schwer, blitzend und gezackt/ausgefranst.

Dann musste ich kurz so verharren und das Gefühl auf mich wirken lassen, bis ich die Augen wieder öffnen durfte. Nun fuhr sie mit der roten Stockspitze eine x-Achse entlang (von mir aus von links nach rechts), dabei musste ich die Augen auf die rote Spitze fixieren und ihr bescheid geben, wann das Gefühl am stärksten präsent war. Dann fuhr sie die y-Achse entlang und auch hier musste ich sagen, wann das Gefühl am stärksten war. An diesem Punkt angekommen hielt sie den Stockspitze für den Verlauf des nächsten Therapieschritts. Ich durfte den Kopf nicht dorthin bewegen, sondern nur die Augen durften hinsehen und den Punkt fixieren.

Hier folgte der härteste Teil: Du musst die ganze Zeit dorthin sehen, bei mir waren es ca. 35 Minuten. Und du musst die ganze Zeit sagen, was dir durch den Kopf geht. Die ersten Minuten waren komisch, wirkten fast wie Selbstgespräche und ich begann nur zögerlich zu erzählen. Aber es lief so dahin, die anfängliche Verwirrung war nach einiger Zeit weg und ich konnte fast nicht aufhören zu reden.

Dann folgte die Umkehrung: Ich musste jetzt das Gefühl beschreiben, wenn ich an die Situation dachte. Siehe da es hat sich geändert: Oberbauchbereich, grau, lauwarm, mittelschwer und gewölbt. Wieder musste ich verharren und nach einiger Zeit wieder der Stockspitze folgen. Diesmal aber in die entgegengesetzte Richtung (x-Achse) und nur 10min in Stille fixieren.

Was hat Brainspotting mir gebracht?

Das Brainspotting hatte einen sehr großen Effekt auf mich. Während der Sitzung füllten sich schon kleine Erinnerungslücken und ich konnte ein paar Assoziationsketten bilden, die plötzlich Sinn ergaben. Was ich aber ganz verblüffend fand, ist dass ich teilweise die Nächte darauf immer wieder aufgewacht bin und mir neue Dinge einfielen, die ich schon wieder ganz vergessen hatte. Auch ganze Ereignisse, wie meine erste Panikattacke in der Volksschulzeit. Als mir diese Erinnerung wieder kam, dachte ich mir, wie konnte ich diese so gänzlich aus meinem Gedächtnis verdrängen? Jetzt habe ich sie wieder ganz klar vor mir.

Das Wichtigste bei dieser Therapieart ist zu versuchen wirklich alle Assoziationen wieder heraufzubeschwören und dann an einem Punkt wieder abzuspeichern. Deswegen werden ja auch die Augen auf einen Punkt fixiert.

Nach ein paar Sitzungen merkte ich aber, dass so ziemlich alle Traumata wieder da waren und nun kein Fortschritt mehr zu erkennen war. Außer mein wirklich großes Trauma, das auch meiner Cousine widerfahren ist. Es kann aber auch sein, dass es so dermaßen verstörend war, dass mein Hirn davon wirklich gar keine Fragmente mehr abgespeichert hat und ich so keine Verbindung mehr daraus ziehen kann.

Wie geht es weiter?

Wenn ich mein Trauma mit einem ganz festen Knoten in einem Seil vergleiche, dann hat das Brainspotting diesen definitiv gelockert, sodass ich ihn jetzt nur noch entwirren muss.

Jetzt könnte man meinen dass eine Kognitive Verhaltenstherapie angesagt wäre, aber das hat mir im ersten Versuch schon nichts gebracht. Das ist der Grund weshalb ich diesen Blog hier mache. Mit expressionistischem Schreiben möchte ich meine Gedanken und Erinnerungen ordnen.